Artefakt

Artefakt = das durch menschliches Können Geschaffene, Kunstwerk*

Unvorbereitet würde kaum jemand auf die Idee kommen, dass es sich hier um ein Artefakt handelt, nämlich um einen Beitrag zur documenta 13 von Lara Favaretto, und es ist begreiflich, wenn Ausstellungsbesucher mit Kopfschütteln und hämischen Bemerkungen darauf reagieren. Vermutlich hat es selten zuvor in Kassel ein Exponat gegeben, das die Betrachter so wie dieses Werk herausgefordert hat. Vielleicht behält es deshalb einen zentralen Platz  in der erinnernden Rückschau.

Es ist nicht leicht zu “verstehen“; aber es gilt zu bedenken:

– die Schrottanhäufung ist bewusst gemacht
– sie ist planmäßig geschehen, nicht dem Zufall überlassen
– wollte man, etwa für eine bestimmte Filmszene, eine solche Schrotthalde herstellen, müsste man in ähnlich planvoller Weise vorgehen, um ein so “sorgfältig angeordnetes Durcheinander“  zu bewirken
– die “Herstellung“ der Installation verlangt u.a. einen erstaunlichen logistischen Aufwand
Voraussetzung für die Realisierung des Projekts war, dass es der Künstlerin gelungen ist, die Akzeptanz und die Bereitstellung der notwendigen Mittel bei den Ausstellungsmachern zu gewinnen.
– usw.

Damit ist nichts Endgültiges über Wert und Bedeutung der Installation als Kunstwerk gesagt; aber wer sich diesen Überlegungen von vorne herein verschließt, macht einen Fehler.

*) Duden Fremdwörterbuch

Wie einst die Wunderkammern

Wer in früheren Zeiten als Besucher Zugang zu den fürstlichen Wunderkammern hatte, bestaunte die Ansammlung ungewöhnlicher Objekte: seltsame Kostbarkeiten, merkwürdige Fundstücke, geheimnisvolle Gerätschaften, exotische Instrumente, magische Aufzeichnungen usw.

Was genau den Besucher erwarten würde, konnte er im Voraus kaum ahnen; aber er durfte damit rechnen, dass er aus dem Staunen nicht mehr  heraus kommen würde.

Keine der bisherigen documenta-Ausstellungen entsprach so sehr dem Wunderkammer-Konzept wie die diesjährige, die Dreizehnte.

Schönes Beispiel dafür, wie die Kunst dem Wundern dient:
Optische Täuschung, eine Arbeit des Albaners Anri Sala.

Die Uhr scheint quer über den Weg zu stehen. Tatsächlich aber ist das Zifferblatt parallel zum Weg aufgestellt, wie in der Skizze:

Angeregt zu dieser Freiluft-Figur wurde der Künstler durch ein Exponat der fürstlichen astrophysikalischen Sammlung in Kassel:

Hier hat ein Maler den Realismus der Darstellung durch Einfügen einer Uhr noch steigern wollen; aber spätestens beim zweiten Blick erkennt man, dass sich das  “echte“ Zifferblatt nicht in die Perspektive des Bildes einfügt. Wie das Problem lösbar gewesen wäre, hat Anri Sala mit seiner Arbeit sehr schön und überzeugend demonstriert.

Fazit: hoher Unterhaltungswert; aber gilt das wirklich als Dokument des  Entwicklungsstands der zeitgenössischen Weltkunst?

Entweder – oder?

Unerbittlich gilt der Satz “Die Energie ist eine Erhaltungsgröße“.

Je intensiver die kreative Arbeit, desto spürbarer die damit verbundene Vernachlässigung der reproduktiven Tätigkeiten.

Das kann bis zur Verwahrlosung gehen und erklärt zumindest teilweise die notdürftige und ungepflegte Erscheinung mancher Künstlerexistenz.

Neues aus dem Atelier


Bagatelle (“Scusi, Giorgio“)
Farbige Mischtchnik auf Papiermontage,
Rahmengröße 21 x 21 x 1,6 cm
Hommage an de Chirico, dessen Arbeiten mich schon ganz früh beschäftigt haben.

 

Zur Erinnerung einige Beispiele: