Von Bayerns Ludwig II wird berichtet, dass er gelegentlich ein Werk seines Lieblingskomponisten für sich ganz allein vorführen ließ – für ihn, den König als genießenden Hörer und Zuschauer, unter Ausschluss jeglicher Öffentlichkeit.
Im Zeitalter fortgeschrittener Medientechnik könnte man denken, dieses Vergnügen – so es denn eines ist – stünde heute jedem für verhältnismäßig wenig Geld zur Verfügung; aber was immer auch man sich von seinen Audio- und Videogeräten vorspielen lässt, den Kick, den sich Ludwig II damals gegeben hat, können sie nicht hervorrufen. Die Statistik weiß immer, wie viele Menschen – wenn auch jeweils für sich allein – mitgehört haben.
Da wäre ja auch noch die Sache mit dem (hier: akustischen, aber auch spezifisch inszenierten) Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit…
Danke, Marc, das ist ein interessanter Punkt. Benjamin war noch sehr nahe am Beginn der technischen Reproduzierbarkeit. Er hat wohl noch nicht gesehen, dass auch technisch vervielfältigte Produkte eine Aura haben können, vor allem dann, wenn durch Zerstörung, Vernachlässigung oder Materialkorrosion nur noch ganz wenige Exemplare übrig geblieben sind. So wäre dann auch vorstellbar, dass irgendjemand die letzte vorhandene DVD eines bestimmten Aufführungsmitschnitts vor geladenen Gästen mit weihevollen Empfindungen auflegt. Gruß, D.