Beneidenswert

Fußballfans haben es besser: mag der Rumpelfußball ländlicher Drittligisten noch so weit unter dem Weltniveau der Spitzenteams bleiben, man hat es immer mit dem selben Spiel zu tun, und selbst Banausen wissen in groben Zügen, um was es bei dem Spiel geht.

Nicht so, wenn von Kunst die Rede ist: herausragende kreative Ereignisse, die internationale Aufmerksamkeit hervorrufen, werden im regionalen Abseits höchstens mit ungläubigem Kopfschütteln quittiert. Ein unüberbrückbarer Verständnisabgrund verhindert die für jedermann fassbare Verwendung des Wortes Kunst.

Daran hat mich ein Interview* mit Marina Abramovič erinnert. Die Performance-Künstlerin kündigt darin für Juni ihre nächste Aktion in der Londoner Serpentine Gallery an:

“. . . Ich werde eine Art ‘zeitlosen Raum‘ erschaffen, in dem Menschen Stunden mit mir verbringen können . . . Das Museum wird leer sein, keine Kunstwerke, nirgendwo. Ich werde da sein, acht Stunden am Tag . . . drei Monate lang. Jeder kann kommen . . . Das Publikum ist mein Material, ich werde mir für jeden Tag etwas ausdenken . . . Für mich ist es die Kunst des 21. Jhdts, befreit von jeder Materialität: ein charismatischer Ort, an dem Künstler und Publikum in einen Dialog eintreten . . .“

Das passt freilich nicht in eine Welt, in der einer bereits als Sonderling gelten muss, der die Gedankengänge der Abramovič ernst zu nehmen versucht.

*) Magazin der SZ vom 11.April, 2014, p.44

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