In Altkanzler Schmidts Memoiren gibt es einige Passagen über sein Liebesleben, willkommener Anlass für allerlei hämische Bemerkungen in der Presse. Vielleicht haben sich da ethisch gefestigte Moralverwalter in ihren rigiden Vorstellungen tatsächlich verletzt gefühlt, oder man hat einfach nur auf Schmidts vermeintliche Schwächen eingedroschen, um sich die auflagensteigernde Wirkung nicht entgehen zu lassen.
Hätte man ihm nicht vielmehr für seine Offenheit dankbar sein sollen? Lässt er uns doch erkennen, dass es überall mit rechten, das heißt mit natürlichen Dingen zugeht; trägt er doch auch dazu bei, dass die Zuschauer der politisch Mächtigen wenigstens im Nachhinein begreifen, was Sache war.
So gesehen erfüllen Memoiren zwei wichtige Bedürfnisse:
die Schreiber können aus der zeitlichen Distanz mit Stolz von Dingen berichten, die zu ihrer Zeit geheim bleiben mussten; und die Leser erfahren zu ihrem Trost, dass auch die Prominenten in ihrem Privatleben mit Problemen ringen, die sie nicht lösen.