Das heißt doch so, weil einst die Kardinäle gemeinsam in einem verschlossenen Raum (cum clave = mit Schlüssel), ohne Kontakt zur übrigen Welt draußen einen Nachfolger für das höchste Kirchenamt finden sollten.
Aber ist das eigentlich heute noch zeitgemäß und glaubhaft?
Auch wenn vielleicht nicht alle Kirchenfürsten twittern und die moderne Kommunikationstechnologie voll ausnutzen, so hat doch wohl jeder Kardinal sein Handy bzw. Smartphone in der Tasche?
Oder ist vielleicht die Sixtinische Kapelle zur funkfreien Zone nachgerüstet worden?
Fragen über Fragen . . .
Offenbar ist das alles geregelt:
„Zu Beginn der Versammlung verpflichten sie sich zu absoluter Geheimhaltung – Höchststrafe für den Bruch des Eids ist die Exkommunikation. Zur Geheimhaltung gehört, keine Handys, Kameras oder Aufnahmegeräte mitzubringen. Auch das Schreiben und Empfangen von Briefen ist verboten.“ (http://www.rp-online.de/panorama/papstwahl/die-zehn-wichtigsten-fakten-zur-papstwahl-1.3249163)
Aber beim Vollzug dieses Vorgangs in dieser Kirche einzufordern, das alles solle auch noch „zeitgemäß und glaubhaft“ ablaufen, scheint mir doch ein wenig optimistisch…
Jetzt wird es absurd: Spiegel Online bietet einen „Livestream“ zur Papstwahl an. Üblicherweise bezeichnet der Begriff direkt übertragene bewegte Bilder samt Originalton von einem Ereignis.
Im genannten Fall sind Teile von Petersplatz, Petersdom und einigen andere Gebäude zu sehen, darunter auch ein Stück vom Dach der Sixtinischen Kapelle, in der das Konklave stattfindet. Gelegentlich durch das Bild fliegende Vögel beweisen, dass es kein Standbild ist. Wir sehen also ein Bild von einem kleinen Teil des Gebäudes, in dem alles stattfindet. Der Ton des Ereignisses wird durch einen Ton über das Ereignis ersetzt: Zwei Menschen reden. Das also ist der „Livestream“. Es gibt auch einen Liveticker mit ähnlich wichtigem Inhalt. Und das alles nur, weil die Berichterstattung kein Äquivalent zum Konklave mehr duldet. „Sendeschluss“ gibt es heute nur noch beim Kinderkanal.
Hier triumphiert besonders augenfällig das Signifikant über das Signifikat, gewissermaßen in zweiter Ordnung: Wir sehen nicht nur Bilder von einer Sache, sondern Bilder, die auf die Bilder von der Sache verweisen.
Ich nehme einen Teil des Gesagten zurück: Es gibt tatsächlich einen Livestream aus der Sixtinischen Kapelle. Ob Sie auch die Wahl live übertragen? Das wäre ja dann tatsächlich ein wenig „zeitgemäß und glaubhaft“…