Die Richter-Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie, ein Ereignis, bei dem sich die Besucherschlange schon mal um den ganzen Bau herumziehen kann – da ich nicht am Ende der Schlange warten will, muss ich statt dessen lange vor Kassenöffnung am Eingang stehen – zur Belohnung darf ich dafür mit zunehmender Befriedigung das Immer-länger-Werden der Schlange beobachten – in der Gruppe der Zuerstgekommenen baut sich so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl auf, und man kommt miteinander ins Gespräch – der Herr hinter mir z.B. ist Amerikaner; unter anderem frage ich ihn, wie er mit seinem Hotel zufrieden ist? “Yes, everything fine“, sagt er, fügt dann aber hinzu: “the trouble with hotels nowadays is, they have no desks. I’m a writer, you know, but this is all the space I’ve got“, dabei deutet er mit den Händen die Maße etwa eines Schachbretts an. Er erzählt dann weiter, wie er, um endlich einen Platz zum Schreiben zu haben, die Hotelleute dazu gebracht hat, ihm wenigstens das Wägelchen im Zimmer zu lassen, auf dem ihm das Frühstück hereingerollt worden war – aus meiner Erfahrung kann ich Vergleichbares beisteuern: in Hotels wird offenbar nicht damit gerechnet, dass jemand etwa gar etwas lesen möchte: funzelige Beleuchtung und unzweckmäßig angebrachte Lampen machen ein bequemes Lesen, und das nicht nur in billigen Hotels, unmöglich – das Gespräch setzt sich fort und berührt andere Themen, ich tue dabei einen Blick in eine andere Welt: er dichtet und arbeitet als Verleger – wir tauschen unsere Visitenkarten, und ich fühle mich für das lange Warten angenehm entschädigt.