Fast immer ist es so: die Musik überstrahlt bei Opern den Werkanteil, den die Wortarbeit am Text und am Handlungsgerüst hat – das Libretto, das “Büchlein“, spielt eine untergeordnete Rolle.
In der Kurzoper Wasser von Arnulf Herrmann jedoch verlief die Zusammenarbeit des Komponisten mit dem Librettisten Nico Bleutge ganz gleichrangig, wie das Begleitheft hervorhob.
Dort fand ich auch den Abdruck eines Gedichts von Bleutge, das auf mehr neugierig macht:
Nico Bleutge (nach Heiner Müller)
seestück (traum)
heut nacht durchschritt ich einen wald im traum
es war kein rauschen, keine dunkelheit
mit schwerem atem, der den grund durchzieht
liefen die hunde stumm von baum zu baum
in einer haut aus dornen, moos und schlamm
lag halb ein see, halb war das wasser fort
dort schaute, fehl ich seh ich was ich seh
ein kind, vom licht entstellt, das ufer an
die schmalen augen gingen hin und her
ein schritt nur weiter, und der blick war leer
er rührte sich, tief innen schicht um schicht
und kam zurück als blitz, als strahl im meer
in der sekunde, die vorüberstrich
sah das gesicht mich an: das kind war ich