. . . Gerade die schwächsten Leistungen der Kunst beziehen sich auf das unmittelbare Gefühl des Lebens, die stärksten aber, ihrer Wahrheit nach, auf eine dem Mythischen verwandte Sphäre: das Gedichtete. Das Leben ist allgemein das Gedichtete der Gedichte – so ließe sich sagen; doch je unverwandelter der Dichter die Lebenseinheit zur Kunsteinheit überzuführen sucht, desto mehr erweist er sich als Stümper. Diese Stümperei als “unmittelbares Lebensgefühl“, “Herzenswärme“, als “Gemüt“ verteidigt, ja gefordert zu finden, sind wir gewohnt. . . . *
Der Text macht es dem Leser nicht leicht; aber was hier über die Qualität von Dichtung gesagt wird, gilt auch heute noch für die anderen Künste in gleicher Weise.
*) aus:
Walter Benjamin – Schriften, Bd. 2, Zwei Gedichte von Hölderlin, Suhrkamp Vlg., 1955