Hören und Sehen I, 2012,
Acr. a. Lw., 250 x 70 cm (Ausschnitt)
nach einem Photo von Martin Lüpkes
Wenn sich die Gelegenheit zu einem Besuch bietet, schau ich im Literaturhaus nach, ob mir jemand wieder was gedichtet hat. Es hängen jetzt allerdings manche Gedichte über Monate an der Wand, und es erscheint wenig Neues – vielleicht nach dem Prinzip, dass es keinen Nachtisch gibt, wenn nicht vorher der Teller leer gegessen worden ist. Meine Gedanken bleiben an einem Blatt hängen:
Volker Sielaff
Formel
Manchmal ist dir nach rührseligem Kitsch.
Aber das sind schwache Momente.
Dann wieder Eis, Kantiges,
das Gegenteil von Handwerkskunst.
Zusammengeschnurrt auf diese eine Formel,
was bedeutet das?
Wir sind Eispickel, unser tägliches Klopfen
gegen den Berg, Gestrandete.
Kugelform, Erlösung,
das Kindsein erledigt sich nicht
von selbst.
Aus: Selbstportrait mit Zwerg,
Wiesbaden, luxbooks 2012, p.43