Was ist phantastischer als die Wirklichkeit?

 

(Aus der SZ vom 22.10.12)

Leichenwagen kennen wir ja alle; aber dass auch regelrechte Transporter für Leichen auf unseren Straßen herumfahren, war mir neu. Vielleicht waren auch die Diebe überrascht, als sie den Inhalt ihres Beutefahrzeugs nach Brauchbarem durchsuchten – oder ging es etwa darum, irgendjemandem möglichst viele Leichen zu besorgen. In einem Kriminalroman jedenfalls würden die Leser den Einfall mit den zwölf Leichen im gestohlenen Transporter für überspannte Phantasie halten.

Hermetische Schönheit

Das Wesen des Menschen ist Klang, Klang bringt Licht hervor, und im Licht zeigt sich der Geist.

Diese Spruchweisheit der Hopi-Indianer lässt sich, wie neulich geschehen, sehr edel schmückend in einer Musikrezension zitieren; aber bleibt sie für den Leser nicht hohler Klang, so lange nicht deutlich wird, welche Erfahrungen in diese wunderschöne Formel eingegangen sind?

Vergleichbar: der Anblick eines bewundernswürdig gearbeiteten Instruments, von dem man jedoch nicht weiß, wie es gespielt wird und wie es klingt.

Lesefrucht

Immer wieder eine vergnüglich anregende Lektüre:
Sloterdijks  Zeilen und Tage.

Auch wo er witzig provokant schreibt, glaubt man ihm, dass er seine Thesen auch wohlbegründet zu vertreten wüsste.

Der Hass auf die Freiheit stellt den uneingestehbaren Affekt par excellence dar – noch weit vor dem Neid, der schon kaum je zugegeben wird. Daher muss man sich auf diesem Gebiet für alle Zeit mit Indizienprozessen begnügen. Man spürt die Sache überall und findet nie einen Täter, der gesteht.“

p. 510 (Heft  108)

 

 

Noch irgendwelche Fragen?

Peter Kurzeck las aus seinem frühen Roman Keiner stirbt.

Das Publikum “ging mit“, war sichtlich und hörbar erheitert, spendete auch reichlich Beifall, und man war froh, die ganz eigene Art persönlich miterlebt zu haben, in der dieser Autor seine Texte vorträgt.

Wer bei solcher Gelegenheit die Eindrücke ruhig in sich nachklingen lassen möchte, wird allerdings frustriert: denn es gibt kaum eine Autorenlesung, ohne dass die Zuhörer zum Schluss  eingeladen werden, Fragen zu stellen. Gewöhnlich entsteht  dann erst ein peinliches Schweigen, bis dem einen oder der anderen doch noch etwas einfällt, was man fragen könnte. Mir kommt das meistens viel zu oberflächlich und kurzatmig vor.

Glücklicherweise ist Peter Kurzeck einer, der gerne und unterhaltsam von seinem Leben und Schreiben berichtet, ohne dass es vielfacher Fragestellung bedürfte.

 

 

Neues aus dem Atelier

Plötzlicher Aufbruch, “Mini-Installation“,
Acr. u. Farbstifte auf Papiermontage, 10 x 10 x 10 cm

Immer schafft sich Unerwartetes Platz, wo es nicht hin gehört, und stört die geplante Ordnung  –  such is life