Botho Strauß’ Anmerkungen zum Außenseiter*

Einer, der mit seinen Gedanken die herrschende Mainstream-Kultur sehr heftig in Frage stellt, und prompt hört man das Aufheulen der Getroffenen aus dem Blätterwald.

. . .‘Seid umschlungen, Millionen’ hielt man die längste Zeit für eine gewagte Hyperbel, bis sich zeigte, dass sie die Zukunft der Facebook-Freundschaften, das Alle-Welt-Gefühl des Stubenhockers besang. Darin sind alte Einsamkeit und alte Geselligkeit gleichermaßen verloren. ‘Eine verstreute Dynastie von Einsiedlern hat das Antlitz der Erde verwandelt’ (Borges).
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Der ästhetische Urfehler rührt vom Plurimi-Faktor**:  die meisten  zur obersten Interessensphäre zu machen und das Breite zur Spitze zu erklären.
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Von Massenbewegungen fasziniert, unterschlägt der intellektuelle Götzendienst vor dem Populären die banale Erfahrung, dass diese Anrufung, immer der Quote nach, stete Anpassung nach unten verlangt.

Inzwischen paktiert auch die Kunst liebedienerisch mit Quote und breitem Publikum. . . .“

*) in DER SPIEGEL vom 29.Juli, p. 108
**) ob die meisten überhaupt merken, dass sie gemeint sind?

 

 

Facebook den Daumen nach unten zeigen

Vor langer Zeit zum Kennenlernen einmal bei Facebook hineingeschnuppert. Das war ein Fehler. Jetzt hilft nur noch konsequentes Wegdrücken der Kontaktaufforderungen.

Da tut es gut, von prominenter Seite Bekräftigung der Kritik zu lesen:

“. . . Horror. Facebook hat mir ständig gezeigt: Dein Leben ist nicht geil, nicht spaßig und glamourös genug. Die Version, die dort jeder von seinem Leben präsentiert, sieht so viel besser aus als die Wirklichkeit. Alle suggerieren einander ein Level an Spaß und Erfolg, das sie in der Realität nie erreichen werden. Der permanente Social-Media-Output verursacht bei mir ein Gefühl von Unzulänglichkeit . .“

Greta Gerwig in einem Interview der SZ vom 27./28.Juli

 

Öffentlicher Fotodienst

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Die Qualität lässt zwar ziemlich zu wünschen übrig; dafür bekomme ich aber ein Photo von meinem Gesicht “in Ruhestellung“, wie es mir ein Profi schwerlich liefern könnte, weil ja schon das Bewusstsein, photographiert zu werden, den Gesichtsausdruck verändert.

Es ist durchaus heilsam, wie rüde das Bild, das ich mir von mir mache, korrigiert wird. Glücklicherweise sind die Gelegenheiten dazu äußerst selten.

 

Wir, die wir nicht die Sklaven unserer selbst sein wollten

“Klack“ – man drückt einen Knopf, und die Spülmaschine, die Waschmaschine, gelegentlich auch beide, beginnen mit der Arbeit. Man vernimmt ein mehr oder weniger sanftes Rummeln, ein Geräusch, das doch eigentlich Anlass zur Freude sein könnte, weil uns die lästige, bloß reproduktive, Arbeitsfron erlassen wird.

Aber sogleich melden sich die ökologischen Bedenken, und echte Workoholics müssen die Geräusche der Maschinen als dringende Mahnung empfinden, die frei gewordene Zeit nur ja nicht zu “verbummeln“, sondern sie so nützlich wie möglich mit kreativer und produktiver Arbeit zu erfüllen.