Seltsame Wege

Fast immer ist es so: die Musik  überstrahlt bei Opern den Werkanteil, den die Wortarbeit am Text und am Handlungsgerüst hat – das Libretto, das “Büchlein“, spielt eine untergeordnete Rolle.

In der Kurzoper Wasser von Arnulf Herrmann jedoch verlief die Zusammenarbeit des Komponisten mit dem Librettisten Nico Bleutge ganz gleichrangig, wie das Begleitheft hervorhob.

Dort fand ich auch den Abdruck eines Gedichts von Bleutge, das auf mehr neugierig macht:

Nico Bleutge (nach Heiner Müller)

seestück (traum)

heut nacht durchschritt ich einen wald im traum
es war kein rauschen, keine dunkelheit
mit schwerem atem, der den grund durchzieht
liefen die hunde stumm von baum zu baum

in einer haut aus dornen, moos und schlamm
lag halb ein see, halb war das wasser fort
dort schaute, fehl ich seh ich was ich seh
ein kind, vom licht entstellt, das ufer an

die schmalen augen gingen hin und her
ein schritt nur weiter, und der blick war leer
er rührte sich, tief innen schicht um schicht

und kam zurück als blitz, als strahl im meer
in der sekunde, die vorüberstrich
sah das gesicht mich an: das kind war ich

Heiteres Echo

Nicht wenig überrascht war ich jetzt, als ich das Motiv aus einer meiner  Bagatellen (Blog vom 20.Juni) in unerwartetem Zusammenhang wiedersah – als Anhang in der Mail eines Freundes:

Da hat einer mit einfachen Mitteln den Bildgedanken witzig und effektvoll weiter gesponnen. Kommt leider nur selten vor, was aber vielleicht damit zusammenhängt, dass man in die Kommentare keine Bilder einfügen kann.

Kulturgleichschaltung

Sommerferien haben nicht nur Schüler und Lehrer, sondern natürlich auch die Radiomacher, soweit sie nicht für die Aufrechterhaltung des Sendebetriebs unentbehrlich sind.

Ja und dabei lässt sich auch noch so schön viel sparen; man entscheidet sich eben für die im doppelten Wortsinn einfache Lösung: es wird nur noch ein und dasselbe Programm auf den sonst so schön verschiedenen Kultursendern ausgestrahlt. Grässlicher Gedanke, das könnte eines Tages das ganze Jahr über so gehen, wenn mal das Geld noch knapper würde.

Immerhin tanzt wenigstens der Deutschlandfunk mit einem unabhängigen Programm aus der Reihe.

Lesefrucht

Aus den Apokryphen von Johann Gottfried Seume:

“Es ist doch wohl möglich, dass ich zuweilen auch einen guten Gedanken habe; also will ich es immer meiner Faulheit abgewinnen und manchmal einiges niederschreiben. Wenn vielleicht das nämliche wiederholt und variiert vorkommen sollte, so ist das wohl ein Beweis, dass es oft und vielgestaltig in meiner Seele war. Daher könnte man vielleicht schließen, dass mir der Gegenstand etwas wichtig oder lieb müsse gewesen sein.“

Klar, dass auch einer wie ich solche Ausführungen wohltuend auf sich bezieht.

 

Überschuss an Kreativität

Entspricht das nun dem Operngesang in der Badewanne, oder ist da wieder mal ein verkannter Michelangelo am Werk?

Jedenfalls ist das ein ungewöhnlich gelungener Hingucker, sowohl wegen des Einfalls wie auch wegen der großzügigen Einfachheit der Komposition, und weil hier die Verwendung der Farbigkeit wohltuend von der grellen Disharmonie absticht, der man bei Spray-Bildern so häufig begegnet.

Gedankensplitter

“Der hat zwei linke Hände“, sagen Leute manchmal, wenn sie einen ungeschickten Menschen meinen. Der Ausdruck ist wohl von der Überzahl der Rechtshänder geprägt und nicht bloß politisch nicht korrekt, sondern er passt auch nur, wenn der Betreffende eigentlich Rechtshänder wäre.

Ein Fußballer mit zwei linken Füßen? Na prima, wenn er Linksfüßer ist.

Wer hätte mir das geglaubt?

Ich saß  im Café und wollte zahlen. Da ich mit dem Rücken zur Garderobe saß,  griff ich einfach hinter mich in die Tasche meines Mantels. Ich fummelte eine Weile, aber da war nichts, das sich nach einem Portemonnaie anfühlte. Erst als ich aufstand, wurde mir peinlich bewusst, dass ich in der Tasche eines fremden Mantels herumgesucht hatte; der war inzwischen unbemerkt von mir dort hingehängt worden.

Verstohlen schaute ich mich um, ob nicht schon jemand auf mich zukäme, um mich als Taschendieb zu entlarven. Das war nicht der Fall, und ich kam unbehelligt davon.

Glück gehabt – aber was hätte ich dem Fremden oder vielleicht sogar einem herbeigerufenen Polizisten anderes sagen können als die Wahrheit?