Magie der Zahlen

Neulich saß ich in einem Wartezimmer ohne Illustrierte. So memorierte ich denn zur Abwechslung die Fibonacci-Reihe. Dabei fielen mir zwei Besonderheiten auf, die mir zuvor nicht bewusst waren:

– in der Fibonacci-Reihe gibt es zwischen 1 und ∞ eine einzige Zahl, bei der die Ordnungsnummer (in der Reihenfolge) und die zugehörige Fibonacci-Zahl gleich sind, nämlich welche?*
– und es gibt eine Fibonacci-Zahl, die sich aus dem Quadrat ihrer Ordnungsnummer ergibt, nämlich welche?*

Man kann darüber ins Sinnen geraten wie jener Engel in Dürers Kupferstich mit dem Magischen Quadrat.

*) Lösung nach der Blog-Pause

 

Blick hinter die Kulissen

Es gehört wohl zur politischen Bildung, dass man mit zunehmender Erfahrung lernt, allen offiziellen Verlautbarungen mit Zweifeln zu begegnen. Aber erst wenn man lang genug gelebt hat, erfährt man etwas über die tatsächlichen Hintergründe dessen, was man einst als  ahnungsloser Zuschauer vor der politischen Bühne vielleicht ernst genommen hatte. Die ehemaligen Akteure nehmen ihre Masken ab, Insider plaudern aus ihren “Nähkästchen“, und in den Memoiren der Beteiligten werden die vormals hoch geheim gehaltenen Fakten zum Stoff für amüsante Anekdoten. Z.B.:

“Einmal kam der ungarische Außenminister Várkonyi zu Besuch. Da saßen die beiden zusammen, und Várkonyi begann, Witze zu erzählen. Dann begann auch Genscher, Witze zu erzählen. Im Kalten Krieg ließ sich auf diese Weise Vertrauen schaffen.

Irgendwann kam Genschers Sprecher Chrobog und fragte, was man nun der Presse erzählen könne.

Da schaute Genscher kurz den ungarischen Kollegen an und sagte: Berichten Sie Folgendes: wir haben einen sehr intensiven bilateralen Meinungsaustausch gehabt; wir sind uns aber auch darüber einig, das der KSZE-Prozess intensiviert werden muss.“

(Erinnerung von Genschers Büroleiter Frank Elbe in SZ 21.3.12)

“. . . so sind auch des Menschen Augen unersättlich.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Blick in den neuen Souterrain-Bereich des Städel

(am Fuß der Treppe ein verschämter und doch unübersehbarer Hinweis darauf, wessen Zuwendungen wir die Präsentation all dieser Schätze zu verdanken haben)

Wunderbar gegliedert und beziehungsreich gehängt – wenn es die psychische Aufnahmefähigkeit nicht überfordern würde, könnte man die Werkgruppen viele Stunden durchwandern und dabei immer neue Entdeckungen machen, also: möglichst oft mit neuer Aufmerksamkeit hingegen!

 

Egon Schiele in München

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

“Die Tür nach draußen“, Bleistift u. Aquarell

Natürlich dominierten auch in dieser Ausstellung die genial gezeichneten Akte,  in denen die Körper erscheinen, wie wenn sie mit einem Skalpel freigelegt worden wären:  Zeugnisse einer leidenschaftlich analysierenden Betrachtung.

Aber nicht zu vergessen seien auch die vom gleichen Elan getragenen Blätter, auf denen Schiele seine Begegnungen mit trivialen Gegenständen festgehalten hat, mit Gegenständen also, die einer ästhetischen Betrachtung  selten oder nie für würdig gehalten werden.

Die umfassende Schau im Lenbachhaus/Kunstbau zeigte auch zahlreiche Autographen aus Schieles Schaffen als expressionistischem Dichter.

Lesefrucht

Man sollte kein Buch, das man gelesen hat, beiseite legen, ohne einen wichtigen Gedanken oder zumindest einen bemerkenswerten Satz daraus festzuhalten,  selbst wenn es sich nur um einen ephemeren Krimi handelt: man hätte dann wenigstens ein Häkchen, an dem die Erinnerung sich festmachen ließe, z.B.:

“. . .Wahrscheinlich, dachte ich, gibt man die Hoffnung nie auf, dass sich die Eltern, egal, wie gemein und verletzend sie gewesen sind, doch noch irgendwann etwas aus einem
machen. . .“

gelesen bei Sara Paretzky – Die verschwundene Frau, Piper-Vlg

Lesefrucht

Es ist ein seltsames Erlebnis, einen Text mit der (irrtümlichen) Voraussetzung zu lesen, es handle sich um einen Kriminalroman. Vergeblich erwartet man, irgendwann auf ein Verbrechen zu stoßen, das in der Folge aufgeklärt werden soll.

So ging es mir mit Patrick Modiano – L’horizon, erschienen bei Gallimard.

Statt um Verbrechensaufklärung ging es um philosophische Reflexionen über die Ungenauigkeit von Erinnerungen, um die Unschärfen bei der Begegnung mit Menschen, von denen man  meist nicht viel und nie genug weiß. Die handelnden Figuren treten, aus ihrer Anonymität autauchend, vorübergehend ganz vertraut in das Leben des Erzählers  und sinken dann zurück in Vergessen und Fremdheit. Schön zu lesen, zumal sich die Handlung in wieder erkennbaren Vierteln von Paris abspielt.