Umgang mit Kritik

Sloterdijk über den Anspruch, den ein Schreibender an sich stellt bzw. stellen sollte:

“…Was andere Leute sagen, kommt in zweiter Reihe, man hat es ja in Form von Antizipationen in sich. Wenn man etwas geschrieben hat, schaut einem eine ganze Galerie von imaginären Lektoren über die Schulter. Hinschreiben kann ja jeder was.

Stehenlassen ist die eigentlich entscheidende Tätigkeit.

Wenn man auch unter Mithilfe der bösartigen inneren Lektoren etwas stehen lässt, dann steht es wirklich da.  …“*

Der Gedanke ist im Prinzip für jede Kunstausübung gültig.

*) SZ, 26.Okt.‘12

 

Gedankensplitter

Andere Zeiteinheiten als gebräuchlich:

Wie lange es dauert,
– bis man die heiß eingefüllte Suppe essen kann
– bis die Meisen ihren neuen Knödel “verputzt“ haben
– bis die streunende Katze wiederkommt
– bis einer die ersehnte Stille und Einsamkeit satt hat
– bis der appetitliche Bierschaum im Glas zergeht
– bis die Rosen in der Vase die Köpfe hängen
– bis man mit einer unvermeidlichen Arbeit beginnt
–  . . .

na, und so weiter – dies alles natürlich individuell sehr verschieden, aber wahrscheinlich doch innerhalb überschaubarer Parameter eingrenzbar.

Lesefrucht

Karl Philipp Moritz –
Reisen eines Deutschen in England im Jahr 1782

Eine Lektüre, die beim einen oder bei der anderen eher Kopfschütteln hervorruft? – Wäre durchaus begreiflich, wenn man den Text ausschließlich des anekdotisch erzählten Geschehens wegen lesen wollte.

Ganz anders, wenn mir der Bericht der Moritz’schen Befreiung aus seiner preußischen Schulfron zum Hintergrund meiner eigenen vielfachen Begegnung mit England und den englischen Verhältnissen dient. Mitzuerleben, wie sich da einer angesichts ganz fremder und freierer Verhältnisse der  heimatlichen Enge und Beschränktheit bewusst wird und zugleich mit den Augen des wohlwollend aufmerksamen Fremden die Absonderlichkeiten der anderen aufspießt, kann sehr vergnüglich sein und zur Rückbesinnung auf vergleichbare eigene Erfahrungen führen.

 

Betörter Blick

Es kommt wahrscheinlich gar nicht so selten vor, dass ein Betrachter etwas ganz anderes wahrnimmt, als was ihm der Photograph zeigen wollte. Hier z.B.  fällt wohl die von rechts “hereinschauende Dame“ mehr ins Auge als links die haarwaschende Friseurin.

Quelle: SZ v. 12.11.12

Merkbuchseite

(zurückgeblättert, ‘64/65)

(Tusche und Feder)

Musik kann man nicht malen; aber wo Musik entsteht, gibt es immer etwas zu sehen. Schwer zu sagen, ob und in welchem Maße Komponisten das “Schauspiel“ des Musizierens  bei der Komposition mit im Sinne haben.

Alraunen?

Wenn man sie so sieht, kann man vielleicht verstehen, warum Menschen früher an die Existenz jener mythischen Wurzelwesen und an ihre magischen Wirkungen glaubten.

Ich habe mir lediglich erlaubt, ein Photo ein wenig zu verfremden:

Die Baumwurzeln bilden solche Knollen, um Bodenplatten anzuheben und sich Platz zu schaffen.

 

Merkbuchseite

(Bleistift, Tusche u. Feder)

In unserer Landschaft, von der Land- und Forstwirtschaft vielfach genutzt und gepflegt, begegnet man allerlei  Vorrichtungen und Gerätschaften. Die einen fügen sich fast wie natürlich ins Bild, z.B. Schutzhütten und Tränktonnren für Weidetiere, Jagdanstände, Zäune, Schäferkarren usw. –  die anderen, obwohl ebenso nützlich, bleiben fremd und störend, auch wenn sie noch so lange ihren Platz behalten, z.B. Fernleitungs- und Funknetzmasten, oder die mit Plastikplanen und alten Reifen abgedeckte Futtermieten. Es sei denn, es gelingt irgendwann, diese ästhetische Sperre zu überwinden und den Blick zu öffnen.

Na, wieder gesund?

Also – Radio Eriwan würde wahrscheinlich sagen “Im Prinzip ja“.

Bis auf weiteres halte ich mich aber an die Maxime: Gesund ist, wer überzeugend den Eindruck von Gesundheit zu erwecken vermag. Gelingt das, glauben die Betroffenen schließlich selbst an ihre Gesundheit.