Blick eines Alien auf die natürliche Ordnung in unserer Kultur

Das Reiten spielt eine wichtige Rolle in der Geschichte der Menschheit. Auch heute noch ist im Reitsport und in der Wohlstandsreiterei ein Rest von existentieller Erfahrung aufgehoben. Die Pferdehaltung  – und besonders die durch heranwachsende Mädchen – gilt als etwas selbstverständlich zu Förderndes, ein Bereich unserer Kultur, in dem Ästhetik und Harmonie gepflegt werden, wobei das Reittier, also die Mitkreatur, ihren verdienten Platz behauptet.

Aber wie müsste all das für einen Beobachter aus einer anderen Welt aussehen? Unsere Tradition und die verinnerlichten Bilder vergangener Zeiten erlauben es uns nicht, die Absurdität etwa eines Kavallerieregiments wahrzunehmen:  Zweibeiner in seltsam gleichartigen Kleidungsstücken, reitend auf großen Vierbeinern, ausgestattet mit diversem Lederzeug, das aus getöteten Tieren gefertigt wurde – Sättel, Peitschen, Stiefel, Reithosen, Riemen, Zügel usw., also Produkte einer ganzen Industrie, die davon lebt, dass Pferde gehalten werden. Verdanken nicht sogar auch die Tierschutzvereine ebenso viel der Tierhaltung wie die Veterinäre  und die Versicherungsgesellschaften? . . .

Aber wären die Pferde nicht schon längst ausgerottet, wenn man sich ihrer nicht bedienen könnte?

 

Nicht nur beim Malen

Das Werk schreitet fort und wird häufig von der lästigen Entscheidung begleitet:

Ist das inzwischen Erreichte nur ein Zwischenstadium, das der ursprünglichen Werksidee zuliebe aufgegeben und weiter bearbeitet werden muss
–  oder war die ursprüngliche Idee etwas, das geopfert werden sollte, weil sich bei der Arbeit eine Gestaltung ergeben hat, die schon wegen ihrer Unvorhersehbarkeit ein kostbares Gelingen bedeutet, das aber durch die planmäßige Fortsetzung der Arbeit nur verdorben werden kann?

Er weiß sich zu helfen

 

 

 

 

 

 

 

 

Damit die Randsteine perfekt der vorgesehenen Krümmungslinie entlang stehen und nicht einfach machen, was sie wollen, müssen sie eine Weile geschient werden.

Früher haben Vorübergehende dergleichen vielleicht mit einem lächelnden Kopfschütteln bemerkt. Die Begegnung mit manchen zeitgenössischen Kunstwerken hat uns inzwischen gelehrt, solch ein Gebilde als ästhetisches Phänomen wahrzunehmen  – denn “Kunst macht sichtbar“.

Lesefrucht

“Hotel Blues. All diese leeren Schubladen und tristen Schränke, die den Gedanken an Aufbewahrung dementieren.“

Aus Peter Sloterdijks  Zeilen und Tage (p 508) bei Suhrkamp

Toll, wenn einem, das was unendlich viele schon empfunden haben können, so konkret in den Sinn kommt, dass es zu einem Notat “gerinnt“.

Unbegreifliche Langsamkeit des Fortschritts

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es gibt sie zwar, die praktischen, vernünftigen Dinge, die das Leben leichter und sicherer machen, ohne deshalb teurer sein zu müssen als die, die nur schlecht und recht dem gleichen Zweck dienen – aber aus unerfindlichen Gründen begnügen sich Produzenten und Konsumenten immer wieder mit den geringerwertigen Lösungen.0

Links im Bild ein vorbildlicher Kontaktstecker von Krups, der schon vor zehn Jahren auf dem Markt war, der aber meines Wissens keine Nachahmer gefunden hat.

Kein Verlass auf die Sinne?

Erst vor kurzem hat wieder einmal ein Fälscher die Fachleute düpiert.

Ja, es gibt eben Leute, die können einen Giorgione oder Piero de la Francesca völlig glaubhaft und täuschend wiederholen.

Aber wodurch unterscheidet sich dann der Eindruck dieser Repliken von dem der Originale? Müssen wir erst wissen, was wir sehen, bevor eine lustvolle Betrachtung  möglich ist?

Erfahrung meiner Generation

Ich bin in eine Welt hineingelebt worden, in der die vernünftigen, die “ordentlichen“ Leute das für normal hielten, was wir im aufgeklärten Rückblick nur als grauenvollen kollektiven Irrsinn ansehen können.

Wenn man daraus eine Lehre ziehen will, dann muss man auch das hinterfragen, was  jetzt und heute die Menschen mehrheitlich für richtig  und vernünftig halten.

Nicht nur die wirtschaftspolitischen Entscheidungen unserer Politiker erscheinen mir wie ein verzweifeltes Vabanquespiel.

Gedankensplitter*

Ein einzelnes Bild ist ebenso wenig aussagefähig über die malerische Kreativität eines Kunstschaffenden,  wie auch ein einzelner geschriebener Buchstabe nicht als Analysematerial für ein graphologisches Gutachten taugen würde.

*) Herkunft der Notate meist aus den Merkbüchern oder von unsystematisch abgelegten Zetteln