Wie wenn jemand ein vertütteltes Fadenknäul so zurechtzupft, dass man die Verschlingungen zu überschauen beginnt und sogar ein Ende findet, an dem sich ziehen lässt, der Knoten aber trotzdem unauflösbar verheddert bleibt.
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Neues aus dem Atelier
Eine Konstante?
In Bildern etwas wiederzuerkennen, was einem bekannt und vertraut ist, scheint – Avantgarde hin, Postmoderne her – nach wie vor eines der wichtigsten Momente beim “Lesen“ der Bilder zu sein.
Ungegenständliche Bilder haben es dementsprechend schwer, obwohl auch sie durchaus Wiedererkennbares enthalten.
Was ist wirklich “wirklich“?
In Berlin zeigte mir einmal jemand das Photo eines Gebäudes, das es längst nicht mehr gibt (eine öde Schuttfläche vor den Nachkriegsresten des Anhalterbahnhofs) und sagte dazu: “In Wirklichkeit hat hier der Anhalterbahnhof gestanden“.
Hatte ich es da nicht mit mindestens drei verschiedenen Wirklichkeiten zu tun?
Gedankensplitter
Es gibt inzwischen ein weltweit exponentiell wachsendes Kunstschaffen. Immer schneller werden die Werkmassen produziert, und ebenso schnell werden sie wieder vergessen.
Man begegnet diesen Konsumartikeln allenthalben, und so verschieden sie im einzelnen sein mögen, sie vermitteln oft den Eindruck: das habe ich schon irgendwo gesehen, gehört oder gelesen.
Für diese Art Kunst gebrauchen wir den abfälligen Ausdruck “Mainstream“, soll heißen: zu angepasst, zu affirmativ, zu flach, zu wenig Negativität usw.
Leider gehören in diese Kategorie meist auch Aktionen, die sich als Gegenbewegung verstehen, nämlich all die gedankenarmen und kurzlebigen Versuche, durch irgendwelche Regelverstöße Aufsehen zu erregen, ohne je etwas tatsächlich Neues zu schaffen.
Frohe Ostern
Neues aus dem Atelier
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Beneidenswert
Fußballfans haben es besser: mag der Rumpelfußball ländlicher Drittligisten noch so weit unter dem Weltniveau der Spitzenteams bleiben, man hat es immer mit dem selben Spiel zu tun, und selbst Banausen wissen in groben Zügen, um was es bei dem Spiel geht.
Nicht so, wenn von Kunst die Rede ist: herausragende kreative Ereignisse, die internationale Aufmerksamkeit hervorrufen, werden im regionalen Abseits höchstens mit ungläubigem Kopfschütteln quittiert. Ein unüberbrückbarer Verständnisabgrund verhindert die für jedermann fassbare Verwendung des Wortes Kunst.
Daran hat mich ein Interview* mit Marina Abramovič erinnert. Die Performance-Künstlerin kündigt darin für Juni ihre nächste Aktion in der Londoner Serpentine Gallery an:
“. . . Ich werde eine Art ‘zeitlosen Raum‘ erschaffen, in dem Menschen Stunden mit mir verbringen können . . . Das Museum wird leer sein, keine Kunstwerke, nirgendwo. Ich werde da sein, acht Stunden am Tag . . . drei Monate lang. Jeder kann kommen . . . Das Publikum ist mein Material, ich werde mir für jeden Tag etwas ausdenken . . . Für mich ist es die Kunst des 21. Jhdts, befreit von jeder Materialität: ein charismatischer Ort, an dem Künstler und Publikum in einen Dialog eintreten . . .“
Das passt freilich nicht in eine Welt, in der einer bereits als Sonderling gelten muss, der die Gedankengänge der Abramovič ernst zu nehmen versucht.
*) Magazin der SZ vom 11.April, 2014, p.44