Gedankensplitter

Von Bayerns Ludwig II wird berichtet, dass er gelegentlich ein Werk seines Lieblingskomponisten für sich ganz allein vorführen ließ – für ihn, den König als genießenden Hörer und Zuschauer, unter Ausschluss jeglicher Öffentlichkeit.

Im Zeitalter fortgeschrittener Medientechnik könnte man denken, dieses Vergnügen – so es denn eines ist – stünde heute jedem für verhältnismäßig wenig Geld zur Verfügung; aber was immer auch man sich von seinen Audio- und Videogeräten vorspielen lässt, den Kick, den sich Ludwig II damals gegeben hat, können sie  nicht hervorrufen. Die Statistik weiß immer, wie viele Menschen – wenn auch jeweils für sich allein – mitgehört haben.

Woran man sie messen sollte:

Die Qualität eines Bildes:
an der Größe der Herausforderung durch Ungewohntes auf allen Bedeutungsebenen.

Die Qualität der Betrachter:
am Umfang ihrer eigenständigen Assoziationsfähigkeit beim Wahrnehmen der Bildelemente.

Abreißgedicht

Grüblerisches und Autistisches fand ich diesmal unter den neuen Aushängen im Literaturhaus. Aber da war auch etwas  für alle, die es total einfach und unkompliziert haben wollen:

Nadia Budde

Meinem Onkel Parzival
ist sein Äußeres egal,
und er findet:
eins ist wichtig …
wie du bist,
so bist du richtig

Aus: Und außerdem sind Borsten schön!
Wuppertal; Peter Hammer 2013

Ja, was ist denn da los?

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Schlange stehen heute mitten in einer deutschen Großstadt?
Und was sind das für Säcke?

Zur Abwechslung geht es nicht um die trostlosen Bilder aus Notzeiten – im Gegenteil:
fast täglich um die Mittagszeit bilden sich hier vor dem kleinen Kaffeeladen die Schlangen derer, die ihrer Arbeitsatmosphäre in der Mittagspause mit einem Espresso oder einer der vielen Kaffeevarianten entkommen und ein Schwätzchen in der frischen(?)Luft haben wollen. An sonnigen Tagen bilden sich plaudernde Gruppen mit ihren Kaffeetassen auch jenseits der Straße.

Und diese Mengen von Kaffeegenießern wollen versorgt sein. Hier sieht man eine Nachschublieferung, und wer könnte schon sagen, für wie viele Tassen das etwa reichen wird?

Es ist erstaunlich, auf welch kleinem und engem Raum man ein so erfolgreiches Geschäft betreiben kann.

Groß und klein

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Sobald man sich einmal auf das Gesicht “eingesehen“ hat, glaubt man kaum noch, dass es sich um eine ganz zufällige Durchmischung  von Steinsubstanzen handelt.

In Wirklichkeit nur ein winziges Bröckchen, das mir M.F. als Anregungsmaterial in die Hand gedrückt hat:

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Wie man im Kleinen das Große entdecken kann, hat in ganz anderem Zusammenhang Ringelnatz beschrieben:

Genau besehn

Wenn man das zierlichste Näschen
Von seiner liebsten Braut
Durch ein Vergrößerungsgläschen
Näher beschaut,
Dann zeigen sich haarige Berge,
Dass einem graut.

Gedankensplitter

Über Witze lachen zu können, wird oft als besondere “Humorfähigkeit“ eines Menschen gewürdigt, ein Missverständnis, wie ich meine; denn das Verstehen der Pointen beruht auf der Vertrautheit mit den in den Witzen vorkommenden Verhältnissen: ohne die gemeinsamen Vorkenntnisse zwischen Erzähler und Zuhörer kann sich keine “Lachbrücke“ bilden.

Aber auch, wenn der Zuhörer sehr wohl weiß, wovon die Rede ist, verzieht er vielleicht keinen Mundwinkel: bewusst oder unbewusst drückt er seine Ablehnung des Witzeerzählers aus, mit dem er sich “nicht gemein machen“ will – weshalb man z.B. mit witzigen Bemerkungen bei einem amtierenden Grenzbeamten vorsichtig sein sollte.