Lesefrucht

“. . . Das meiste in der Welt dient zu nichts, ja man weiß nicht einmal, wozu die Welt dient,  Ist es nicht eigentlich aristokratisch von uns gedacht, dass alles dienen soll? . . .“

Aus Ludwig Tiecks  Schauspieltext  – Die verkehrte Welt

Na und?! mag mancher sagen, der den Zusammenhang nicht kennt; aber Tiecks Text ist so voll von Aperçus und Weisheiten, die wegen des Reichtums seiner Einfälle im Einzelnen nie genug gewürdigt werden. Da lohnt es sich schon, an der einen oder anderen Stelle weiterzudenken.

Grass Gedicht

Ohne zeitlichen Abstand kann niemand wissen, ob wir den Kassandraruf eines alten Weisen gelesen* haben, oder ob sich da bloß ein Wichtigtuer zu weit aus dem Fenster gelehnt hat.

Das Echo in den Medien lässt jedenfalls erkennen, dass Grass mit seinem Gedicht einen sehr empfindlichen Nerv berührt: die kritische Stelle in einem politischen Geflecht von schwer lösbaren Problemen und Interessen.

Interessant daher zu beobachten, wer sich ohne Zögern zur Verurteilung des Mahners berufen fühlt und welche Argumente dazu angeführt werden.

*) Meines Wissens wurde der Text in Deutschland nur in der SZ veröffentlicht, lag also den Lesern anderer Zeitungen überhaupt nicht vor.

 

Am Kopf der Warteschlange

Die Richter-Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie, ein Ereignis, bei dem sich die Besucherschlange schon mal um den ganzen Bau herumziehen kann ­– da ich nicht am Ende der Schlange warten will, muss ich statt dessen lange vor Kassenöffnung am Eingang stehen – zur Belohnung darf ich dafür mit zunehmender Befriedigung das Immer-länger-Werden der Schlange beobachten – in der Gruppe der Zuerstgekommenen baut sich so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl auf, und man kommt miteinander ins Gespräch – der Herr hinter mir z.B. ist Amerikaner; unter anderem frage ich ihn, wie er mit seinem Hotel zufrieden ist? “Yes, everything fine“, sagt er, fügt dann aber hinzu: “the trouble with hotels nowadays is, they have no desks.  I’m a writer, you know, but this is all the space I’ve got“, dabei deutet er mit den Händen die Maße etwa eines Schachbretts an. Er erzählt dann weiter, wie er, um endlich einen Platz zum Schreiben zu haben, die Hotelleute dazu gebracht hat, ihm wenigstens das Wägelchen im Zimmer zu lassen, auf dem ihm das Frühstück hereingerollt worden war – aus meiner Erfahrung kann ich Vergleichbares beisteuern: in Hotels wird offenbar nicht damit gerechnet, dass jemand etwa gar etwas lesen möchte: funzelige Beleuchtung und unzweckmäßig angebrachte Lampen machen ein bequemes Lesen, und das nicht nur in billigen Hotels, unmöglich – das Gespräch setzt sich fort und berührt andere Themen, ich tue dabei einen Blick in eine andere Welt: er dichtet und arbeitet als Verleger – wir tauschen unsere Visitenkarten, und ich fühle mich für das lange Warten angenehm entschädigt.

Apropos Fibonacci

Fibonaccireihe:   1  1  2  3  5  8  13  21  34  55  89  144  233  377  .   .

Reihenfolge:        1  2  3  4  5  6    7    8    9  10  11    12    13   14   .   .

Die gesuchten Zahlen waren  5/5  und 12/144.

 

Interessant ist übrigens auch die Entwicklungsreihe, die sich ergibt, wenn man die Fibonaccizahlen quadriert:

Es zeichnet sich das Grundschema einer Spirale ab:

 

Magie der Zahlen

Neulich saß ich in einem Wartezimmer ohne Illustrierte. So memorierte ich denn zur Abwechslung die Fibonacci-Reihe. Dabei fielen mir zwei Besonderheiten auf, die mir zuvor nicht bewusst waren:

– in der Fibonacci-Reihe gibt es zwischen 1 und ∞ eine einzige Zahl, bei der die Ordnungsnummer (in der Reihenfolge) und die zugehörige Fibonacci-Zahl gleich sind, nämlich welche?*
– und es gibt eine Fibonacci-Zahl, die sich aus dem Quadrat ihrer Ordnungsnummer ergibt, nämlich welche?*

Man kann darüber ins Sinnen geraten wie jener Engel in Dürers Kupferstich mit dem Magischen Quadrat.

*) Lösung nach der Blog-Pause