Preiswürdige Lesechampions

Hin und wieder habe ich von Leuten gehört, die zum wiederholten Mal Prousts Recherche gelesen haben oder “schnell noch mal“ Zettels Traum. Das kam mir fast unglaubhaft und wie aus einer anderen Welt vor.

Aber jetzt wurde mir vorgeführt, wie jemand aus meinem Bekanntenkreis in wenigen Tagen den Ulysses gelesen hat – und das so nebenher bei starker beruflicher Belastung!

Ich Leseschnecke habe dafür, wenn auch mit mancherlei Unterbrechungen, Jahre gebraucht.

Skizze einer Parabel

Sie waren endlich gerettet – ein Schwimmer hatte sie mit letzten Kräften an Land gezerrt – kaum fühlten sie wieder festen Boden unter den Füßen, begannen sie, sich über den abgekämpft daliegenden Helfer lustig zu machen – so arg dürfe man sich doch gar nicht anstrengen – und warum überhaupt er so viel Zeit mit seinem Schwimmtraining vertue – sie wüssten ihre Zeit besser zu nutzen

Kreativität in der Tretmühle

Dass bedeutende Leistungen nicht ohne außergewöhnliche Anstrengungen errungen werden können, ist uns von Jugend an vertraut, und das finden wir wohl auch in Ordnung.

Deprimierend aber ist die Einsicht, dass bereits all das Läppisch-Banale, das Trivial-Überflüssige, was unsere Informations- und Unterhaltungsindustrie täglich hervorbringt, schon alle Sorgfalt und erfinderische Energie verschlingt, deren die arbeitenden Menschen fähig sind: auch der Quatsch und das, was morgen schon vergessen sein wird, entsteht unter Bedingungen einer unerbittlichen Konkurrenz, die keinen Fehler und keine Nachlässigkeit verzeiht.

Strategie der Machterhaltung

So ein bisschen Demokratie stört offenbar nicht die Alleinherrschaft, kann im Gegenteil sogar ganz hilfreich sein.

Die SZ berichtete über schwedische Autokratieforschung*:

“. . . eine Reihe von Studien gelangte in den vergangenen Jahren zu einem verblüffenden Ergebnis: Diktaturen überleben länger, wenn sie Wahlen abhalten, Parteien zulassen und Parlamente einrichten. . .“

*) SZ 24.05.12, p 11; Alexander Schmotz – Freiheit als Dilemma

Schwäche der Dilettanten

Sie malen und wollen dabei ihre eigenen Zuschauer sein, sie musizieren, um sich selbst gleichzeitig zuhören zu können: durch Aufteilung schwächen sie die produktive Energie, die das Werk verlangt.

Das geht nicht gut und gleicht dem stets riskanten Versuch, eine Tür mit dem Fuß schon zuzuwerfen, bevor man mit dem Tablett in de Hand durch sie hindurchgegangen ist.

Neues aus dem Atelier

 

Stadtlandschaft, Acr. a. Lw., 40 x 40 cm

Ach, diese häufigen Verzögerungen …
“. . .
Man sage nicht, der Geist kann es erreichen,
er gibt nur manchmal kurzbelichtet Zeichen.

. . .“

(aus Gottfried Benn ­–  Melancholie)